Eine uralte Methode lebt neu auf
Das Fermentieren begeistert die Menschen schon seit Urzeiten und je mehr man sich damit beschäftigt, umso spannender ist es. Bereits vor 3,4 Millionen Jahren konnte auf dem Speiseplan der Steinzeitmenschen „fermentierter Mageninhalt von erlegten Tieren“ nachgewiesen werden. Puh, wie gut, dass sich Fermentieren im Laufe der vielen Jahre weiterentwickelt hat! So reichen die Spuren bis 7.000 vor Christus zurück, als in China alkoholische Getränke hergestellt wurden. Und 3.000 vor Christus gab es schon die Zubereitung von Brot, Bier, Joghurt, Wein und Käse im alten Ägypten.
Bereits unsere Groß- und Urgroßmütter haben fermentiert, um Gemüse aus dem eigenen Garten haltbarer zu machen oder den besonderen Geschmack von Sauerkraut genießen zu können. Denn früher hatte noch nicht jeder einen Kühlschrank.
Was passiert bei der Fermentation?
Die Fermentation (oder Gärung) ist ein natürlicher Prozess, der in sauerstoffarmer Umgebung (einem Gärgefäß) durch Mikroorganismen oder Enzyme einsetzt. Es funktioniert sehr einfach: Auf der Schale von Obst und Gemüse sitzen Mikroorganismen (Bakterien, wie z.B. Milchsäurebakterien). Sie lieben es, Zucker zu essen und produzieren dabei kleine Blasen.
Woher bekommen die Bakterien den nötigen Zucker?
Wird z.B. das zerkleinerte Gemüse mit Salz gemischt, brechen die Zellwände auf und Wasser sowie Zucker können herausgezogen werden. Beim Vergären entstehen wertvolle Enzyme, der Vitamin-Gehalt erhöht sich und es bilden sich Stämme von Probiotika. Es entsteht ein saures Milieu, das das Gemüse wie ein natürlicher Konservierungsstoff vor dem Verderben schützt.
Theoretisch funktioniert die Fermentation auch ohne Salz und ausschließlich, indem man genau darauf achtet, dass die zu fermentierenden Lebensmittel immer vollständig mit Wasser bedeckt sind, allerdings sorgt das Salz zum einen für eine bessere Konsistenz, zum anderen für einen besseren Geschmack und außerdem macht es die Fermentation um einiges einfacher und sicherer. Bei einigen Fermentationen macht es auch Sinn, Starterkulturen (mikrobielle Substanzen) zu verwenden, dadurch ist ein gelungenes Ergebnis vorgeplant.
Man unterscheidet zwischen der alkoholischen Fermentation und der Milchsäure-Fermentation. Die alkoholische Gärung wird bei Brot, Bier und Wein verwendet. Die Milchsäure-Gärung, die bei anderen Gärungsprozessen (z.B. bei Sauerkraut, Kimchi, Joghurt, Kombucha oder Wasserkefir) entsteht, hat ihren Namen deshalb erhalten, da sie erstmals in Milch nachgewiesen wurde. Sie hat aber nichts mit Milch zu tun und stellt somit für Veganer kein Problem dar.
Fermentierte Lebensmittel enthalten ein natürliches Probiotikum – das sind gesundheitsfördernde Mikroorganismen
Wie bereits erwähnt entsteht durch die Gärung u.a. ein natürliches Probiotikum. Probiotika (übersetzt „für das Leben“) enthalten nützliche Bakterien, die natürlicherweise in unserem Darm vorkommen und gesundheitsfördernde Eigenschaften besitzen.
Laut dem Journal of Applied Microbology umfasst der Konsum von Probiotika folgende Vorteile:
- Verbesserung der Darmgesundheit
- Stärkung des Immunsystems und Verbesserung der Bioverfügbarkeit von Nährstoffen
- Verringerung der Symptome einer Laktoseintoleranz, wodurch die Zunahme von Allergien bei anfälligen Personen verringert wird und
- Verringerung des Risikos von Krebserkrankungen.
Mittlerweile kommt wieder Leben in die Küchen. YEAH! Es blubbert und brodelt – die Mikroben toben sich aus! Das Fermentieren ist heutzutage “hipp”. So ist vielen Menschen bewusst geworden, dass die durch industrielle Fermentation hergestellten Supermarkt-Produkte wie Alkohol, Käse oder Joghurt keine wertvollen Vitamine und Mineralstoffe mehr enthalten. Wie sieht es bei dir aus? Schon Lust aufs Fermentieren bekommen? Falls nicht, dann vielleicht nach dem folgenden Tipp!
Wasserkefir – die prickelnde Naturlimonade
Unser aktuelles Highlight ist Wasserkefir – kinderleicht in der Herstellung. Melanies 11-jähriger Sohn hat ihn bereits zubereitet. Als wir zum ersten Mal Wasserkefir getrunken haben, waren wir von dem Geschmack so überwältigt, dass wir den Pilz zum Ansetzen des Kombuchas (ein anderes fermentiertes Teegetränk) erst einmal ruhen ließen.
Wasserkefir ist herrlich erfrischend und erinnert an Bitter Lemon (besonders, wenn du ihn mit einer halben Zitrone ansetzt). Er ist voller wertvoller Inhaltsstoffe (organische Säuren, Spurenelemente, Mikroorganismen und Vitamine, darunter Vitamin C und einige B-Vitamine). Es wird vermutet, dass Wasserkefir bereits seit Jahrtausenden getrunken wird, nachweislich zumindest seit über 100 Jahren (seit 1899). Wasserkefir kann man sogar äußerlich anwenden. Die Haut wird weich und zart, wenn man beispielsweise das Gesicht damit wäscht. Es gibt Berichte über die positive Wirkung nach dem Trinken von Wasserkefir bei Arthritis, Reizdarmsyndrom, Migräne, Depressionen, ADHS, Akne und Rosacea.
Du brauchst nur 5 Zutaten: Wasser, Zucker, Wasserkefirkristalle, Trockenfrüchte, Zitrone und ein Gärgefäß.
Das Gärgefäß sollte nicht aus Plastik oder Metall sein (also am besten aus Glas) und von der Größe her so groß, dass die Zutaten dort Platz finden. Aber auch nicht zu groß, sonst sind die Kristalle biologisch nicht so aktiv und pflanzen sich nicht fort. Wasserkefirkristalle sehen aus wie eine Ansammlung aus Geleekügelchen und bestehen aus Hefepilzen und Milchsäurebakterien, die den Gärungs- und Fermentationsprozess in Gang setzen. Die Hefepilze vergären den Zucker zu Alkohol, die Milchsäurebakterien produzieren Milchsäure aus dem Zucker. Gleichzeitig vermehren sich die probiotischen Mikroorganismen (Bakterien) und gehen in das Wasser über. In Wasserkefir sollen übrigens rund 60 Bakterienstämme in hohen Mengen vorhanden sein.
Beim Fermentieren werden die Wasserkefirkristalle zwischen 2 mm und 20 mm groß und sehen aus wie weiße aufgeweichte Gummibärchen oder wie kleine Diamanten mit Glitzereffekt. So stellst du deine probiotische Limonade selbst her:
- Fülle 750 ml Wasser in ein Gärgefäß und gib 60 g Zucker (7 Teelöffel) hinzu. Rühre solange, bis sich der Zucker komplett aufgelöst hat.
- Gib 30 g Trockenfrüchte, z.B. Feigen, Aprikosen oder Datteln (3 Stück) hinzu; optional eine halbe Zitrone auspressen und Saft sowie Schale mit in die Flüssigkeit geben.
- Wasserkefirkristalle hinzugeben und alles umrühren.
- Mit einem Deckel (Gärsystem) verschließen und 1 bis 3 Tage an einem ruhigen Ort, ohne direkte Sonneneinstrahlung fermentieren lassen. Die Süße des Zuckers geht verloren, weil sich die Bakterien davon ernähren und es entstehen Säure und Geschmack.
- Entscheide selbst, wann er dir am besten schmeckt!
- Trenne Trockenfrüchte und Kristalle (mit einem Sieb) vom Getränk. Du kannst den Wasserkefir sofort genießen oder in Flaschen abfüllen und im Kühlschrank aufbewahren. Dort ist er lange haltbar (theoretisch 1 Jahr lang, bei uns ist er aber innerhalb weniger Tage weggeschlürft!)
Wir hoffen sehr, dass wir dich neugierig aufs Fermentieren gemacht haben! Wichtig: Fange beim Verzehr von fermentierten Lebensmitteln mit kleinen Mengen an, damit sich dein Körper an die lebenden Mikroorganismen gewöhnt. Solltest du Fragen haben, kannst du uns gerne über unseren Instagram-Account @_fermentistas kontaktieren.
Fazit: Fermentierte Lebensmittel sind lecker, kalorienarm, leicht verdaulich, frei von Zusatz-und Konservierungsstoffen und liefern deinem Körper (insbesondere deinem Darm) so viel Gutes. Probiere es einfach mal aus! Let your ferments grow!
Fermentistas – wer sind wir?
Wir, das sind die Fermentistas Melanie und Patricia, beide begeisterte Fans der probiotischen Küche. Unser Wissen haben wir als Holistischer Gesundheits- und Ernährungscoach (Melanie) und ärztlich geprüfte und stattlich anerkannte Ernährungsberaterin, Schwerpunkt roh vegan (Patricia) erlernt und wenden es seit geraumer Zeit selbst in unseren Küchen an. Fermentistas ist unser gemeinsames Herzensprojekt. Wir haben es ins Leben gerufen, weil uns die gesunde Ernährung sehr am Herzen liegt. Wir sind davon überzeugt, wie wichtig Mikroben sind und wie viel Gutes diese kleinen Helferlein für unser Mikrobiom (also unseren Darm) und das menschliche Immunsystem bewirken können.
Hallo zusammen,
da ich Zuckerfrei leben möchte aber trotzdem Wasserkefir ansetzen möchte gibt es eine Alternative?
Liebe Grüße
Sabine
Liebe Sabine, vielen Dank für deine gute Frage, die sicherlich viele Leser interessiert. Grundsätzlich brauchen Wasserkefirkristalle Zucker/Kohlenhydrate für ihren Stoffwechsel. Der Zucker wird jedoch durch den Gärungs- bzw. Fermentationsprozess von den jeweiligen Kulturen umgesetzt/verbraucht. Das heißt, die Kulturen produzieren daraus wertvolle Milchsäuren, Essigsäuren, Hefen, Enzyme, Vitamine und vieles mehr. Je länger die Kulturen „arbeiten“ dürfen, desto geringer ist der Restgehalt an Zucker. Wie viel Restzucker aber nach zum Beispiel 2 Tagen Gärdauer im fertigen Getränk enthalten ist, können wir leider nicht genau beantworten. Die Fermentation ist von sehr vielen verschiedenen Faktoren abhängig, z. B. von der Wasserqualität, der Gärdauer, Gärtemperatur, den verwendeten Trockenfrüchte, verwendeten Zuckersorten, verwendeten Zitronen und der Sonneneinstrahlung. Wir verwenden Rohrohrzucker für unseren Wasserkefir, es funktioniert aber auch mit Agavendicksaft, Kokosblütenzucker, Reissirup, Ahornsirup und einigen Honigsorten. Mit mehr Alternativen haben wir es bisher noch nicht ausprobiert. Vielleicht ist bei diesen Möglichkeiten ja etwas für dich dabei. Herzliche Grüße von Uli, Melanie und Patricia
Danke an Sabine für die Frage bezüglich Zucker.
Bis jetzt habe ich kein Rezept gefunden in dem kein Zucker verwendet wird, und daher trinke ich Kefir nicht (auch wenn der Zucker beim Prozess „zerlegt“ wird.
Zucker als Kristallzucker gibt es noch nicht so lange. Fermentiert wurde bereits vor Tausenden von Jahren.
Mit welchem „Zucker“ wurde ursprünglich Kefir angesetzt?
Würde mich über einen konkreten Hinweis sehr freuen, bis jetzt habe ich dazu im Internet nichts gefunden.
Vielen Dank!
Liebe Anna, in der Tat wird schon sehr lange fermentiert, überwiegend aber als „herzhafte“ Fermentation wie Sauerkraut etc. Ich weiß leider nicht, mit welchem Zucker der Wasserkefir ursprünglich angesetzt wurde. Im Internet finden sich Möglichkeiten der Zubereitung mit Ersatzzuckern und meiner Nichte ist auch die Zubereitung ausschließlich mit Trockenfrüchten gelungen. Vielleicht auch noch eine Idee, wenn diese Art von natürlichem Zucker in deinem System zugelassen ist. Viele Grüße
Hallo Ulrike,
Wasserkefir habe ich persönlich noch nicht ausprobiert, muss ich unbedingt schnellstens nachholen. Meine liebsten fermentierten Lebensmittel sind bis jetzt Kimchi und Sauerkraut, hauptsächlich Kimchi, da ich meine Frau in Südkorea kennengelernt habe. Sie hat mich vom koreanischen Kulturgut Kimchi überzeugt. Mittlerweile bin ich ein Kimchi-Fan und esse es jeden Tag. Empfehlen kann ich Pak Choi Kimchi.
Viele Grüße
Stephan
Lieber Stephan, was für tolle Tipps! Vielen Dank! Ich liebe sowohl Kimchi als auch Sauerkraut und habe es auch schon selbst gemacht. Deinen Tipp mit Pak Choi werde ich im nächsten Jahr ausprobieren. Viele Grüße, einen schönen Nikolaustag🎅 und 2. Advent🕯🕯 Uli